Execution - Only: Was Finanzdienstleister (nicht) leisten müssen
Execution-Only gewinnt im Vertrieb von Finanzinstrumenten zunehmend an Bedeutung. Die Digitalisierung des Anlagegeschäfts, das Bedürfnis nach Flexibilität und Effizienz sowie der Wunsch vieler Kund*innen nach Selbstbestimmung begünstigen eine Entwicklung hin zur reinen Ausführung von Anlageaufträgen ohne vorgängige Beratung. Was auf den ersten Blick einfach wirkt, ist rechtlich anspruchsvoll. FIDLEG und FIDLEV haben für Execution-Only-Dienstleistungen in der Schweiz aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen und Pflichten für Finanzdienstleister welche sie auch ohne Beratung gegenüber ihren Kund*innen einhalten müssen.
1. Was ist Execution Only?
Normalerweise muss bevor ein Auftrag ausgeführt wird eine Angemessenheits- oder Eignungsprüfung stattfinden. „Execution Only“ bezeichnet eine reine Auftragsausführung, in dem ein Kunde von sich aus den Erwerb eines bestimmten Finanzinstruments verlangt, ohne eine Beratung oder Empfehlung vom jeweiligen Finanzdienstleister zu erhalten (Art. 13 Abs. 1 FIDLEG.). Der Finanzdienstleister übernimmt dabei lediglich die technische Abwicklung des Geschäfts.
In der Praxis ist die Grenze zwischen Ausführung und Anlageberatung fliessend. Bereits Empfehlungen oder Hinweise können dazu führen, dass ein Geschäftsmodell als Beratung zu qualifizieren ist, was entsprechende Auswirkungen auf die Pflichten und Haftung zur Folge haben. Ebenfalls, wenn eine Beratung oder eine Empfehlung einmal stattgefunden hat, dann ist es auch kein Execution – Only. Die Initiative muss vom Kunden kommen.
2. Pflichten
Execution-Only bedeutet nicht, dass keine Pflichten mehr bestehen. Lediglich die Angemessenheits- und Eignungsprüfung entfällt. Sämtliche übrigen Pflichten des FIDLEG gelten weiterhin.
2.1 Informationspflicht (Art 8 FIDLEG)
Finanzdienstleister müssen Kundinnen und Kunden auch bei Execution-Only umfassend informieren:
- Produkteigenschaften und Risiken (z. B. Volatilität, Hebelwirkung, Illiquidität)
- Kosten und Gebühren
- Interessenkonflikte, etwa eigene Vergütungen oder Retrozessionen
Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form vor, massgeblich ist die tatsächliche Bereitstellung der Informationen. Unvollständige oder fehlende Informationen können eine aufsichtsrechtliche Pflichtverletzung oder zivilrechtliche Haftung nach sich ziehen.
2.2 Transparenz und Sorgfaltspflichten ( Art. 17 ff. FIDLEG)
Die Pflicht zur bestmöglichen Ausführung („Best Execution“) von Kundenaufträgen gilt unabhängig von der Art des Geschäfts. Der Finanzdienstleister muss sicherstellen, dass bei der Auftragsausführung in finanzieller, zeitlicher und qualitativer Hinsicht das bestmögliche Ergebnis erzielt wird.
- Finanziell: wirtschaftlich günstigster Abschluss (Preis, Kosten)
- Zeitlich: unverzügliche Ausführung, um marktgerechte Ergebnisse zu sichern
- Qualitativ: Wahrscheinlichkeit der Ausführung und der zuverlässigen Abwicklung, insbesondere technische Stabilität des Handelssystems
2.3 Dokumentationspflichten (Art. 15 FIDLEG)
Auch Execution-Only-Aufträge müssen dokumentiert werden. Der Finanzdienstleister ist verpflichtet, die erhaltenen Aufträge sowie die für die Kunden erbrachten Dienstleistungen nachvollziehbar festzuhalten. Diese Dokumentation dient sowohl der internen Nachvollziehbarkeit als auch der Durchsetzung von Kundenrechten.
2.4 Rechenschaftspflichten (Art. 16 FIDLEG)
Finanzdienstleister müssen ihren Kundinnen und Kunden auf Anfrage jederzeit Auskunft über die erbrachten Dienstleistungen und die ausgeführten Geschäfte geben. Dies umfasst insbesondere:
· Bestätigung der Auftragsausführung
· Transparenz über Kosten und Entgelte
· Offenlegung relevanter Interessenkonflikte
3. Execution-Only bei privaten und professionellen Kunden
Im Execution-Only-Geschäft spielt die Kundensegmentierung nach FIDLEG (Art. 4 ff.) eine entscheidende Rolle:
- Private Kunden
Execution-Only ist grundsätzlich zulässig, doch müssen die Informationspflichten umfassend und verständlich erfüllt werden. Zudem gilt: Bei komplexen Finanzinstrumenten (z. B. strukturierte Produkte oder Derivate) darf der Auftrag ohne vorgängige Angemessenheitsprüfung nur ausgeführt werden, wenn er eindeutig auf Initiative des Kunden erfolgt. Der Schutzstandard ist hier besonders hoch.
- Professionelle Kunden
Bei professionellen Kunden entfällt die Pflicht zur Angemessenheits- oder Eignungsprüfung vollständig. Execution-Only ist daher unkomplizierter möglich. Informationspflichten bestehen zwar, sind aber weniger weitgehend, da das Gesetz von der Sachkunde dieser Kundengruppe ausgeht.
4. Fazit
Execution-Only ist zwar ein etabliertes und weit verbreitetes Modell im Schweizer Finanzmarktrecht, rechtlich bewegt es sich jedoch in einem sensiblen Feld. Wer auf Beratung verzichtet, muss umso genauer über seine Rechte und Risiken Bescheid wissen – und verstehen, wo die Verantwortung des Finanzdienstleisters endet und die eigene Verantwortung beginnt.
5. Unterstützung durch LezziLegal
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· Erstellung und Prüfung von Vertragsdokumenten, Kundeninformationen und Systemtexten
· Gestaltung von Onboarding- und Informationsprozessen
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